systemische Aufstellungen

Was ist eine systemische Aufstellung?

Systemische Aufstellungsarbeit ist eine Interventionsmethode der systemischen Therapie, die im Gruppen-oder Einzelsetting stattfinden kann.

Personen, Figuren oder Symbole werden in einer systemischen Aufstellung stellvertretend für Mitglieder oder Aspekte eines (sozialen) Systems ausgewählt und im Raum, oder ein einer dafür vorgesehenen Fläche (z.B. auf einem Familienbrett) in Beziehung zueinander aufgestellt. Systeme, die aufgestellt werden können, sind bspw. Familien, Teams, Gruppen, Krankheiten, innere Anteile einer Persönlichkeit oder ganz allgemein, ein „Problem“ und ein „Ziel“ an sich. Die Beziehungsdynamik des aufgestellten Systems entsteht anfänglich wesentlich durch die räumliche Anordnung der aufgestellten Personen, Figuren oder Symbole sowie deren Blickrichtungen bzw. Ausrichtungen.
Bei systemischen Aufstellungen handelt es sich um das momentane, innere (meist problembehaftete) Bild desjenigen, der aufstellt, welches im Aufstellungsprozess als sichtbares Bild nach außen projiziert wird. Dieses äußere Bild wird im Prozessverlauf mit Hilfe verschiedener Interventionen solange verändert, bis sich für alle an der Aufstellung Beteiligten geeignete nächste Schritte hin zu einer Lösung andeuten. Die Impulse aus der Aufstellung können dem Aufstellenden hilfreich sein, um in seinem „ursprünglichen System“ solche Veränderungen zu initiieren, die für das System als Ganzes und jeden einzelnen Zugehörigen vorteilhafter sind, als vorher.

Wann ist eine systemische Aufstellung sinnvoll?

  • Wenn Sie sich an einem Wendepunkt in Ihrem Leben fühlen
  • Wenn ein „weiter so“ nicht mehr geht, wenn Sie keine Ideen von einem „wie denn stattdessen“ haben
  • Wenn Sie sich mit einer unliebsamen Situation arrangieren müssen, aber nicht wissen, wie das zu schaffen ist
  • Wenn Sie denken, nicht über ausreichend Fähigkeiten und Ressourcen zu verfügen, um eine gute Veränderung in Ihrem Leben auf den Weg zu bringen
  • Wenn Sie Beziehungen, oder Konflikte in Ihren Beziehungen nicht mehr verstehen
  • Wenn Sie neue Lösungs-Wege und deren mögliche Auswirkungen in einem Schonraum gefahrenlos ausprobieren möchten
  • Oder, wenn Sie neue Impulse für Ihre Weiterentwicklung und persönliches Wachstum suchen

Ablauf eines systemischen Aufstellungsprozesses

  • Anliegen- und Auftragsklärung

    Der Prozess beginnt mit der Person (KlientIn), die das Bedürfnis hat, etwas in ihrem Leben zu verändern, zu klären oder (aufzu-)lösen. In einem kurzen Interview wird erfragt, was das heutige Anliegen ist bzw. worin ein momentaner Leidensdruck liegt, und wer oder was mit dem relevanten Thema noch zu tun hat. Weiter wird geklärt, welcher Veränderungswunsch besteht und  woran ein „besser“ erkennbar wäre. 

  • Auswahl und Aufstellen der StellvertreterInnen

    Eine Person wird zum Stellvertreter, für bspw. ein Familienmitglied, durch Wahl und Benennung der Klientin. Die Klientin bittet Personen aus der Gruppe um eine Dienstleistung. Die Zusage der angefragten Person hängt von ihrer inneren Bereitschaft ab, sich auf den kommenden Prozess einzulassen und geschieht freiwillig. Die Auswahl der Stellvertreter erfolgt intuitiv und ist nicht verknüpft mit Personenbeurteilungen wie bspw.: „Du siehst aus wie mein gewalttätiger Vater, spiel du bitte meinen Vater.“ Die Klientin stellt nun nacheinander, ohne ein vorgefasstes Bild und ohne Worte. Behutsam führt sie die Stellvertreter von hinten, an Schultern oder Armen so lange durch den Raum, bis sie einen Platz gefunden hat, der sich intuitiv passend und stimmig anfühlt.  Auch für sich selbst wählt die Klientin einen Stellvertreter aus. Durch die Wahl der räumlichen Abstände und der Blickrichtungen werden Beziehungen untereinander erkennbar. Sind alle Stellvertreter positioniert, ist ein sichtbares Bild mit einer bestimmten Dynamik entstanden, das das innere Bild der Klientin widerspiegelt und nun in eine ressourcenreiche Richtung verändert werden kann.

  • Veränderung des Aufstellungsbildes und Finden eines Lösungsbildes

    Die StellvertreterInnen werden nach ihren körperlichen Empfindungen und Empfindungsveränderungen gefragt, sobald ein neuer Stellvertreter dazu gestellt wurde. Sie geben Hinweise auf die Befindlichkeiten der Originale im zu verändernden System. Mit Hilfe unterschiedlicher Interventionsformen (Dazu- bzw. Umstellen von StellvertreterInnen, Durchführung von Ritualen und Dialogen etc.)  wird versucht, ein neues Bild zu finden, bei dem sich alle StellvertreterInnen besser fühlen. Zwischendurch stellt die/der KlientIn sich auf den Platz ihrer/seiner StellvertreterIn und spürt in den neuen Zustand hinein.

  • Übertragung der Veränderung in das System, das verändert werden soll

    Die Befindlichkeiten der Stellvertreter und die Zustimmung der Klientin dienen als Maßstab, ob die Aufstellung beendet werden kann. Die Klientin interpretiert ihr Lösungsbild, sieht nochmal alle Stellvertreter an und nimmt es mit einer bestimmten Geste in sich auf (Ankern des Lösungsbildes). Das neu entstandene Lösungsbild kann somit in ihr weiter wirken und sich in neuen Handlungen nach außen fortsetzen. In den meisten Fällen entfaltet eine Aufstellung eigenständig ihre Wirkung, das heißt, ohne anschließende Psychotherapie bzw. weitere Beratung. Der Klientin und ihrem Unbewussten wird nach dem Aufstellungsprozess eine gute Weiterentwicklung zugetraut. Es könnte jedoch auch sein, dass nach einigen Tagen oder Wochen ein Impuls gespürt wird, dass eine weitere Begleitung oder Beratung notwendig ist. In solch einem Fall sollte diesem Gefühl gefolgt werden und sich die Klientin Unterstützung einholen.


Wieso können Personen Empfindungen bekommen, die nicht ihre eigenen sind?

Jeder, der schon einmal an einem Aufstellungsprozess teilgenommen hat, wird sich früher oder später die Frage stellen, was hinter dem Phänomen der repräsentierenden Wahrnehmung steckt bzw. wie man es sich erklären kann, dass Personen als StellvertreterInnen Empfindungen bekommen, die nicht ihre sind. 

Werde ich als Aufstellungsleiterin mit dieser Frage konfrontiert, ist meine entschiedene Antwort: „Überhaupt nicht.“ Natürlich gibt es wissenschaftliche Theorien, die Annahmen zur Verfügung stellen, wie dieses Phänomen der repräsentierenden Wahrnehmung zu erklären sein könnte. 
Als AufstellungsleiterIn wären viele bestimmt froh, diese wirksame Methode auf eine wissenschaftliche Grundlage stellen zu können, um ihr ein gewisses Ansehen verleihen zu können. 

Daneben existieren auch zahlreiche nicht-wissenschaftliche Annahmen, die man für eine plausible Erklärung für etwas Unerklärbares heranziehen könnte, da anhaltende Ungewissheit schwer auszuhalten ist. So gibt es die Hypothese, dass alle Menschen grundsätzlich miteinander verbunden sind und somit auch voneinander wissen. Demnach wäre das nicht-voneinander wissen erklärungsbedürftig. Dass generell menschliche Empathiefähigkeit dazu beiträgt, dass Botschaften erfolgreich von einem zum anderen gelangen können, ist eine weitere Annahme, oder, dass die Anordnung der Personen zueinander Information zur Beziehungsstruktur gibt. Bis heute konnte die Frage der repräsentierenden Wahrnehmung noch nicht abschließend geklärt werden.

Es bleibt ein ungeklärtes Phänomen mit einer großen Klarheit und Kraft für individuelle Lösungen in seiner Anwendung, die einem offenen Geist zuteilwerden kann und um deren Nutzen wir uns nicht bringen sollten.